Menschen, die uns inspirieren
Dr. Andreas Bobrowski
Dr. Andreas Bobrowski setzt sich stets für die Anerkennung der Labormedizin ein und verweist immer wieder – auch gegen Widerstände – auf deren Bedeutung als systemrelevante Disziplin.
Er blickt auf eine faszinierende Karriere als Chemiker, Mediziner und Interessensvertreter für diese systemrelevante Disziplin zurück. Zunächst hatte es ihm jedoch die Chemie angetan, und so fand er erst nach dem Chemiestudium an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der RWTH Aachen zur Medizin. Und dies eigentlich eher zufällig.
Was hat Wolle mit Insulin zu tun?
Während seiner Diplomarbeit am damaligen Deutschen Wollforschungsinstitut in Aachen beschäftigte er sich mit Wolle, deren Proteinstruktur sich durch einen hohen Gehalt an Disulfid-Brücken auszeichnet. Neben der Wollchemie beschäftigte sich eine weitere Arbeitsgruppe unter Prof. Zahn mit gezielten Modifikationen des Insulins. Den Aachener Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen war 1963 die erste Total-synthese dieses Polypeptid, das ebenfalls über 3 Disulfidbrücken verfügt, gelungen. Diese Kontakte zu Medizinern inspirierten Andreas Bobrowski zum zusätzlichen Studium der Humanmedizin mit anschliessender Approbation als Arzt im Jahr 1987. In seiner Doktorarbeit beschäftigte Dr. Bobrowski sich mit Alterungsprozessen von Proteinen in der Augenlinse. Nach seiner Zeit als Stabsarzt bei der Bundeswehr folgten Stationen als Assistenzarzt an der RWTH Aachen in der Abteilung Innere Medizin und am UKSH Lübeck in den Abteilungen Klinische Chemie und Hämatologie.
Facharzt für Laboratoriumsmedizin
Die Kenntnisse aus dem Chemie-Studium und seine stete Neugierde zu wissen, wie etwas funktioniert, führten ihn dann zwangsläufig zur Laboratoriumsmedizin, denn Bobrowski ist davon überzeugt, dass die Tätigkeit des Labormediziners auch eine naturwissenschaftliche Ausbildung erfordert. Er sieht sich in seiner Tätigkeit nicht nur als validierenden Arzt, sondern auch als Naturwissenschaftler und Techniker: „Wenn man sach- und fachkundig klinische Chemie betreibt, dann sollte man nicht nur ein breitgefächertes medizinisches Wissen zu möglichst vielen Krankheitsbildern besitzen, sondern auch über Expertise in Verfahrenstechniken verfügen. Neue Techniken und Test-Kits sind zwar käuflich zu erwerben, man sollte sich stets auch mit den dahinterstehenden Prozessen beschäftigen. Dazu gehört selbstverständlich auch die Etablierung von Inhouse-Methoden – als Chemiker geht das!”
Ein hoher Anspruch
Man müsse im Laborbetrieb wissen, wie chemische Reaktionen ablaufen, warum etwas funktioniert und warum nicht. Auch die Erkenntnis, dass ein Messwert vor allen Dingen dann hinterfragt werden muss, wenn er nicht mit dem klinischen Bild des Patienten vereinbar ist, gehört zu der Kritikfähigkeit, die man sich stets erhalten sollte. In diesen Fällen müsse ein schonungsloses Fehlermanagement so lange betrieben werden, bis die Ursache gefunden ist und beseitigt werden kann. Man merkt Andreas Bobrowski an, dass er für sein Fach brennt und die Begeisterung für die Labormedizin – auch nach vielen Jahren – immer noch deutlich zu spüren ist: „Man muss die Prozesse, die in den Maschinen ablaufen, verstehen und maximale Ursachenforschung zur Vermeidung von Fehlern betreiben. Da ist ein Anruf beim Gerätehersteller mitunter sehr ratsam. Auch sollte man grundsätzlich im Labor die Freiheit haben, selbständig Tests zu entwickeln, um mit dieser Erfahrung die Qualität gekaufter Tests besser beurteilen zu können.“
Qualität als Leistungskriterium
Und überhaupt die Qualität – eine Herzensangelegenheit von Bobrowski. Nach der Niederlassung als Facharzt für Laboratoriumsmedizin in Lübeck 1994 ging es ihm nach wie vor um die Einhaltung von Qualitätsstandards. Akkreditierte Qualität sei die Grundvoraussetzung zur Vermeidung von groben Fehlern: „Selbst relativ einfach durchzuführende Tests wie Messung des Blutzuckers haben ihre Tücken“, so Bobrowski. Es verwundert daher nicht, dass sein Lübecker Labor eines der ersten war, das eine Akkreditierung im Qualitätsmanagement erlangte.
Den Menschen hinter der Probe sehen
Denn an erster Stelle steht für ihn der Patient: „Ein falscher Wert ist immer schlimm, eine Probenvertauschung eine unmittelbare Gefahr für den Patienten. Natürlich ist es eine grosse Herausforderung, Tausende von Proben am Tag zu validieren. Vor allem wenn man, anders als in der Klinik, den Patienten dabei nicht vor Augen hat. Klinische Bezüge zu transportieren ist im Labor schwierig“, so Bobrowski. Genau deswegen weist er in Fortbildungen immer wieder auf den Menschen hinter der Probe hin und erklärt, dass selbst kleine Nachlässigkeiten zur Patientengefährdung führen können. Labormedizin ein patientenfernes Fach? Niemals!
Eine wichtige Stimme
Es verwundert daher nicht, dass seine Leidenschaft für den Beruf nicht an den Türen des Labors Halt macht. In seiner berufspolitischen Tätigkeit als Abgeordneter in der Abgeordnetenversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) sowie als Mitglied in verschiedenen Qualitätssicherungskommissionen weist er immer wieder darauf hin, dass die Patientenversorgung das höchste Gut sei und dies nie anderen Interessen untergeordnet werden dürfe. Seit 2004 ist er zudem Erster Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte e.V., seit 2011 Abgeordneter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Er betont auch in diesen Funktionen immer wieder, dass die Labormedizin ein systemrelevantes Fach ist: „Wenn unsere Arbeit nicht funktioniert, kommt das ganze System ins Wanken.“
Blick zurück und in die Zukunft
„Das Wichtigste für mich ist, dass es mir gegen alle Widerstände über viele Jahre hinweg gelungen ist, den Körperschaften klarzumachen, dass die Labormedizin ein ärztliches Fach ist. Wir dürfen unsere Ärztlichkeit niemals aufgeben! Es geht nicht nur darum, einen Wert abzuliefern, sondern um Wertinterpretation mit dem Ziel einen medizinischen Befund zu erstellen. Mehr als 70 % aller Diagnosen und Therapieentscheidungen in der Medizin hängen entweder vollständig oder zu einem wesentlichen Teil von Laborergebnissen ab. Und ich glaube, dass es trotz aller Probleme über die Zeit hinweg gut gelungen ist, den jungen Laborärztinnen und Laborärzten weiterhin Perspektiven zu liefern, um in diesem Fach tätig sein zu können.“
Auch auf dem Gebiet der Digitalisierung stelle die Laborärzteschaft schon immer die Speerspitze im Gesundheitswesen dar. Mit der Einführung der Elektronischen Patientenakte (ePA) und der Möglichkeit, strukturierte Daten direkt in diese vom Patienten geführte Krankenakte zu übermitteln, würden die Leistungen der Laboratoriumsmedizin – was schnelle Verfügbarkeit, Transparenz und diagnostische Bedeutung angeht – den Patienten in Deutschland sehr schnell klar werden. Die ePA sei eine Chance, noch näher an den Patienten heranzukommen und den Wandel der Labormedizin von einem versorgungsrelevanten zu einem systemrelevanten Fach weiter voranzutreiben. Mit einem hohen Bezug nicht nur zur Diagnostik sondern auch zur Therapie von Erkrankungen!
2023 hat Dr. Andreas Bobrowski seine vertragsärztliche Tätigkeit aufgegeben – eigentlich ist er im Ruhestand. Doch seine Stimme wird er weiterhin in den diversen Gremien, Kommissionen und berufspolitischen Verbänden erheben – für die Labormedizin. Clinisys wünscht ihm hierfür viel Erfolg und alles Gute!
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